Diesmal war das Rätsel wieder etwas schwerer, da das abgebildete Haus mit der Schankwirtschaft von Fritz Hebenstreit in der ehemaligen Große Tivolistraße 6 (vorher Kirschenreihe und ab 1860 Tivolistraße 11) seit langer Zeit nicht mehr steht. An seinem Standort wurde das jetzige Eckgebäude Tivolistraße 22 /Bad Wilsnacker Straße 32 errichtet.

Bereits 1847 plante und beantragte der Kaufmann August Loesch auf seinem Grundstück („zwischen dem Herz‘schen Kanal und dem Damm der Magdeburg-Wittenbergeschen Eisenbahn“) ein 3geschossiges Gebäude mit Kegelbahn zu bauen. 1848 ließ dann der neue Grundstückbesitzer Bürger und Schiffseigentümer Gottfried Timm ein Wohnhaus, ein Nebengebäude sowie an der hinteren Hofgrenze ein Stallgebäude durch den Zimmermeister Erhardt errichten. 1852 erfolgte im Auftrag des ehemaligen Schiffers und jetzigen Gastwirt Gottfried Timm ein weiterer Stallanbau. Ab 1861 war die Tochter Charlotte Timm Besitzerin des Grundstücks Tivolistraße 11 und nach ihrem Tod 1883 der Bruder Wilhelm. Im Januar 1884 ließ der Gastwirt Wilhelm Timm sein linkes eingestürztes Stallgebäude durch den Zimmermeister Rudolf Wegner wieder neu aufbauen. Ab 1887 bekam der Gastwirt ständig Verfügungen von der Polizei-Verwaltung, wie zum Beispiel  1887 - vorschriftmäßige Herstellung einer Abfallgrube, April 1891 – Anbringung Dachrinne mit Abfallrohr sowie Herstellung einer Rinne in Bürgersteig und Straßenrinnsteig, August 1891 – Baum beseitigen (Kastanie, die das Wachstum der Lindenbäume behindert), Juli 1892 – Abfall- u. Abortgruben ausbessern, eine Dunggrube anlegen und weiteres. Um 1900 wurden die Straßen umbenannt und die Grundstücksadresse war jetzt Große Tivolistraße 6. 1903 wurde der Hausgiebel an der Kleinen Tivolistraße erneuert. 1906 starb Wilhelm Timm 73jährig. Im Oktober 1908 beantragte der Restaurateur Friedrich Hebenstreit  die Schankwirtschaft-Konzession für das „Gasthaus mit Ausspannung“, Große Tivolistraße 6. Im Dezember 1908 wurde der Anschluss der Grundstücks-Entwässerungsanlage an die städtische Kanalisation durch den Bürovorsteher Hugo Lehmann, Bevollmächtigter der W. Timm’schen Erben, in Auftrag gegeben. Ab Februar 1909 war dann Grundstücks- und Gastwirtschaftseigentümer Fritz Hebenstreit, der zuvor auch 20 Jahre Besitzer des „Gasthaus zur grünen Aue“ in Garsedow war. 1913 ließ Fritz Hebenstreit das Dachgeschoss durch Carl Gädicke ausbauen. Im selben Jahr beantragte der Gastwirt eine Verlängerung der Polizeistunde, die aber abgelehnt wurde. Sie war weiter festgesetzt, Oktober-März auf 22 Uhr und April-September auf 23 Uhr. 1919 starb der Restaurateur Friedrich Ludwig Hebenstreit 64jährig. 1921 kaufte die Stadtgemeinde Wittenberge das gesamte Korb’sche Grundstück sowie von der Witwe Anna Maria Dorothea Hebenstreit, geb. Schulz, das Hausgrundstück Große Tivolistraße 6. In den Jahren 1923-26 wurden dann die städtischen Wohnblocks im Karree an der Große Tivoli-, Kleine Tivoli- und Havelberger Straße gebaut. 1923 bekam die Witwe Hebenstreit Bescheid, dass ihr Haus auch für den Abbruch bestimmt war. Im Zuge der Neubauten wurde das Grundstück in Kleine Tivolistraße 35 umbenannt. 

Bis 1929 waren hier noch die Witwe und ihr Sohn Reichsbahnassistent August Hebenstreit wohnhaft. Nach dem Abriss wurde auf dem Eckgrundstück mit einem Wohnhaus die letzte Lücke im Wohnblock-Karree geschlossen. 1938 wurden aus Große Tivolistraße die Bad Wilsnacker Straße und aus Kleine Tivolistraße die Tivolistraße. Das jetzige Eckgebäude Tivolistraße 35 hatte auch ein Geschäft an der Hausseite der Bad Wilsnacker Straße. Nach dem Krieg wurde in der Tivolistraße nochmals umnummeriert und das Eckhaus erhielt die Nr. 22. In DDR-Zeiten war in dem Geschäft eine BÄ-KO-WA- Verkaufsstelle. In der Tivolistraße 22 waren nach der Wende in den 1990er Jahren die Fa. Witt-Bau in diesen Geschäftsräumen und später noch eine Fahrschule.